| Aalschutzinitiative

Gezielte Abschaltung von Turbinen rettet wandernden Aalen das Leben

Der Europäische Aal ist die einzige heimische Fischart, die zur Fortpflanzung ins Meer wandert. So beginnt das Leben des Aal-Nachwuchses dort, wo das seiner Eltern kurz darauf endet: In der Sargassosee im Atlantik. Doch die Reise durch unsere Flüsse bis ins offene Meer birgt tödliche Risiken. Bei dem Versuch, die Wasserkraftwerke entlang der Mosel zu passieren, können die Tiere schwere Verletzungen durch die Turbinen erleiden. Um das zu verhindern, werden seit knapp drei Jahrzehnten geschlechtsreife Aale vor ihrer Abwanderung aus der Mosel gefangen und mit dem sogenannten „Aaltaxi“ sicher an den Wehren vorbei zum Rhein gebracht.
Aale in einem Fischernetz, im Hintergrund der Rhein
Nach der Fahrt mit dem Aaltaxi können die Fische ihre Reise ins Meer fortsetzen.

Ergänzend zu diesen aufwändigen Fischtransporten haben die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord und die RWE Generation Hydro GmbH Anfang des Jahres eine weitere lebensrettende Maßnahme im Rahmen der Aalschutzinitiative vereinbart: Dank eines neuen Prognosemodells kann jetzt für mehrere Tage vorhergesagt werden, wann die Aale ihre Reise antreten. In diesen Nächten schaltet die RWE Generation Hydro GmbH ihre Wasserkraftanlagen vorübergehend ab, damit die Fische die Anlagen gefahrlos passieren können. Kommt es zu Abschaltungen der Kraftwerke teilen sich das Land Rheinland-Pfalz und die RWE Generation Hydro GmbH die Kosten.

Die SGD Nord pflegt in ihrer Funktion als Verwalterin der hiesigen Fischereirechte seit vielen Jahren eine konstruktive Zusammenarbeit mit der RWE und den Berufsfischern an Mosel und Saar. „Bei der Entwicklung neuer Schutzmaßnahmen ist es uns wichtig, dass den Interessen der verschiedenen Akteure angemessen begegnet wird“, so Wolfgang Treis, Präsident der SGD Nord. „Und so haben wir mit der gezielten Abschaltung der Turbinen eine Lösung gefunden, die das Verletzungsrisiko für die Tiere deutlich reduziert und dennoch die Ertragseinbußen der Anlagenbetreiber geringhält.“

Damit an diese Erfolge angeknüpft werden kann, gibt es auch zukünftig Unterstützung aus Mainz: „Der neue Vertrag ist mit dem bewährten Aaltaxi und neuen wissenschaftlichen Vorhersagemodellen zum Abwanderverhalten der Aale ein starkes Zeichen für den Aalschutz. Das zeigt, dass Erneuerbare Energien und Artenschutz Hand in Hand gehen können. Zudem werden wir weiterhin die Wanderung der Aale erforschen, um ihren Schutz stetig zu verbessern und so die Artenvielfalt in unseren Gewässern zu erhalten“, sagt Klimaschutzministerin Katrin Eder.

Maßnahmen der Aalschutzinitiative im Jahr 2022

Im Jahr 2022 rückten die Berufsfischer zwischen Mai und November insgesamt 18-mal mit dem Aal-Taxi aus, um 11.000 bis 12.000 Tiere sicher in den Rhein zu bringen, damit sie ihre Laichwanderung von dort fortsetzen konnten. Da die genaue Anzahl der quirligen Fische nicht genau bestimmt werden kann, wird für die Statistik das Gewicht der transportierten Aale erfasst. Insgesamt brachten die Tiere in diesem Jahr 9.774 Kilogramm auf die Waage – ein beachtlicher neuer Rekord! Rund 859 Kilogramm dieser Gesamtmenge stammen jedoch nicht aus Rheinland-Pfalz, sondern aus dem saarländischen Abschnitt der Saar. Aufgrund einer Kooperation mit dem Fischereiverband Saar werden auch diese Tiere vom Aal-Taxi transportiert. Im Rahmen einer weiteren überregionalen Zusammenarbeit mit den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen wurden zudem 200 Aale mit Sendern versehen, um mehr über die Wanderroute vom Rhein ins Meer zu erfahren.

Ein Novum stellt das bereits erwähnte Prognosemodell dar. In einer Oktobernacht wurden erstmalig alle Wasserkraftanlagen an der Mosel mit Ausnahme der Anlage in Enkirch von 19:00 Uhr bis 7:00 Uhr am Folgetag ausgeschaltet. Für diese Zeit wurde zuvor eine Aalwanderungswahrscheinlichkeit von über 86 Prozent vorhergesagt. Dies geschieht basierend auf verschiedenen Daten des Landesamtes für Umwelt, wie zum Beispiel Temperatur, Niederschlagsmengen und Wasserabflussmengen der Mosel. Pro Jahr sind es etwa zwei bis fünf Nächte, in denen das Gros der Aale ihre Reise ins Meer antritt, sodass die Turbinen nur sehr selten abgeschaltet werden müssen.

Über die Aalschutzinitiative

Die Aalschutzinitiative gibt es bereits seit 1995. Damals fanden unter der Federführung der Fischereiverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz Verhandlungen zwischen den Berufsfischern und der RWE statt. Artenvielfalt, Gewässerökologie, Fischerei – für den Schutz des Europäischen Aals gibt es viele gute Argumente. Und so wurden verschiedene Maßnahmen ins Leben gerufen. Die Berufsfischer bewahren Jahr für Jahr tausende Tiere mit dem Aaltaxi vor dem Tod in den Kraftwerksturbinen. Die RWE Generation Hydro GmbH leistet als Betreiberin der Wasserkraftanlagen einen finanziellen Beitrag: Sie kommt für Schadensminderungsmaßnahmen sowie für unvermeidbare Schäden am Fischbestand auf. Zusätzlich wurden in den vergangenen drei Jahrzehnten fortwährend Studien durchgeführt, aus deren Ergebnissen neue Schutzmaßnahmen, zum Beispiel das Prognosemodell, entwickelt wurden.

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