Sicherung Tagesbruch Kirchen
Mitte Februar 2020 ist auf einem Grundstück in der Lindenstraße in ca. 1,5 m Entfernung zu einem Wohngebäude ein Tagesbruch gefallen.
Der Tagesbruch befindet sich im Bereich einer Gartenfläche, die als Stellplatz genutzt wurde. Der Eigentümer des Grundstücks hatte das Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB) über den Tagesbruch informiert. Die SGD Nord führte als zuständige Bodenschutzbehörde gemeinsam mit dem LGB einen Ortstermin durch, bei dem eine Inaugenscheinnahme und Befahrung des Tagesbruchs erfolgte. Der Tagesbruch hatte zu diesem Zeitpunkt eine Tiefe von ca. 3,5 bis 4 m und einen Durchmesser von ca. 1 m.
Bei einer ersten Erkundung im März 2020 wurde der Tagesbruch mit einem Bagger aufgegraben und bis ca. 6 m unter Geländeoberkante aufgewältigt. Dabei ergaben sich jedoch keine weiteren Erkenntnisse über die Ursache bzw. den weiteren Verlauf des Bruchtrichters. Insbesondere gab es keine direkten Hinweise auf angeschlossene Grubengebäude oder Kellerhohlräume. Der Tagesbruch befindet sich am Rande eines historischen auf Erz verliehenen Geviertfeldes. Auf der historischen Karte sind zwar keine Grubenbaue verzeichnet, trotzdem erschien ein altbergbaulicher Zusammenhang nicht ausgeschlossen. Der Tagesbruch wurde zur vorläufigen Sicherung mit Bodenmassen verfüllt.
Nachdem zunächst die erforderlichen Ausschreibungsverfahren erfolgreich abgeschlossen und verschiedene Fachfirmen beauftragt werden konnten, wurden ab Anfang Dezember 2020 Erkundungsbohrungen ausgeführt. Der zunächst für Mitte November geplante Beginn verzögerte sich wegen der im Vorfeld noch erforderlichen Kampfmittelsondierung. Da die Stadt Kirchen im 2. Weltkrieg Ziel alliierter Luftangriffe war, konnte nur durch die vorherige Freimessung der betroffenen Flächen eine sichere Durchführung der Bohrarbeiten gewährleistet werden.
Die ersten planmäßigen Erkundungsbohrungen lieferten keinen Hinweis auf die Existenz etwa eines Stollens. Erst mit der letzten planmäßigen Bohrung am 07.12.2020 wurde tatsächlich ein Hohlraum angetroffen. Zusätzliche Bohrungen bestätigten diesen Befund. Die anschließende Kamerabefahrung durch zwei Bohrlöcher offenbarte, dass es sich bei dem Hohlraum um einen alten Bergwerksstollen handelt, der auch ursächlich für den Tagesbruch gewesen war. Untertage ist der Schuttkegel des Verbruchs eindeutig erkennbar.
Eine Besonderheit: Der Stollen ist über einen etwa 9 m tiefen „Brunnen“ im Keller des Wohngebäudes an der Lindenstraße zugänglich. Bei der wasserführenden Tagesöffnung handelt es sich nicht – wie nicht nur der Grundstückseigentümer bisher glaubte – um einen Brunnen, sondern vermutlich um ein bergmännisch genutztes Lichtloch oder einen Zugangsschacht. Eine bergbauliche Herkunft der Tagesöffnung wurde schon im Rahmen der historischen Recherche zum Tagesbruch für möglich gehalten. Nachdem sich während der Bohrarbeiten gezeigt hatte, dass zwischen Stollen und Tagesöffnung eine Wasserwegsamkeit existiert, wurde die Tagesöffnung eingehender untersucht. Das Standwasser im „Brunnen“ wurde bis auf die Sohle abgesenkt und zum Vorschein kam ein türsturzartiger Zugang zu dem bohrtechnisch aufgeschlossenen Stollen.
Zwischenzeitlich wurde der Stollen unter Einhaltung strenger Sicherheitsmaßnahmen über die Tagesöffnung im Keller befahren und die Gangrichtung durch einen Vermesser aufgenommen. Neben einem Hauptschlag, der vom Lichtloch aus in südöstliche Richtung verläuft und in dem Verbruch (Tagesbruchereignis) endet, zweigt kurz vor dem Verbruch ein Querschlag in nordöstliche Richtung ab. Damit führt der Querschlag in Richtung der Lindenstraße. Er beschreibt nach mehreren Metern eine Kurve und ist hiernach nicht weiter einsehbar.
Der Verlauf des Querschlags hinter der Kurve musste folglich noch erkundet werden. Endet der Stollen alsbald? Setzt er sich unterhalb der Lindenstraße fort? Schließt sich gar ein ganzes Grubengebäude an?
Der Querschlag ist nach wie vor wasserführend und konnte nicht arbeitssicher betreten werden. Daher kam am 22.01.2021 eine „Wasserdrohne“ (ferngesteuertes Modellboot mit darauf montierter Kamera und Beleuchtung) zum Einsatz. Die Erkundungsfahrt verlief erfolgreich.
Erfreulicherweise wurde festgestellt, dass der Querschlag wenige Meter hinter der Kurve im Fels endet und nur in den Gehwegbereich der Lindenstraße hineinragt.
Weitergehende, kostenintensive und mit Unannehmlichkeiten (z.B. Sperrung der Lindenstraße) verbundene Erkundungsmaßnahmen blieben somit allen Beteiligten erspart. Lediglich im Bereich des projizierten Stollenverlaufs (Hauptschlag) südöstlich des Tagesbruchs waren noch zwei ergänzende Erkundungsbohrungen niederzubringen, mit dem positiven Ergebnis, dass eine weitere Ausdehnung des Stollens ausgeschlossen werden konnte.
Nachdem somit Klarheit über die Gesamtausdehnung des ehemaligen Bergwerksstollens bestand, wurde im März mit dessen Sanierung begonnen. Durch Einbringung von insgesamt 28 m³ einer speziellen hydraulisch abbindenden Baustoffsuspension konnte der Stollen vollständig aufgefüllt und so dauerhaft gesichert werden. Potentielle Gefahren z. B. durch weitere Tagesbrüche sind für die Zukunft nunmehr abgewehrt. Seitens der SGD Nord ist man zufrieden, die Erkundung und Sanierung der altbergbaulichen „Bodenveränderung“ erfolgreich abschließen zu können. Unser besonderer Dank für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und Unterstützung gilt den ausführenden Fachfirmen, der Verbandsgemeindeverwaltung Kirchen wie auch dem betroffenen Grundstückseigentümer, der über viele Monate eine Baustelle auf seinem Grundstück hinnehmen musste.
Garten nach der Sanierung
Das Foto zeigt den Zustand nach Abschluss der Erkundungsbohrungen sowie der Verfüllung des Stollens. Für die Flurschäden, die nach der Inanspruchnahme zurückbleiben, wird ein angemessener Ausgleich in Geld gewährt.