Projektgewässer Nette
Untersuchungsgewässer ohne künstlichen Besatz, aber mit Monitoring
Gewässer mit Lachsbesatz | Nette |
Gesamtlänge der Besatzstrecken | natürliche Wiederbesiedlung durch Lachse nachgewiesen, reines Monitoringgewässer |
Projektbeginn | 2004 |
Einzugsgebiet in Rheinland-Pfalz | 372 km² |
Zuständigkeitsbereich | SGD Nord |
Projektnachbarn | keine |
Die Gewässer der Nette und ihr Umfeld sind einem relativ hohen Nutzungsdruck unterworfen: Der Waldanteil beträgt nur 20 %, der Ackeranteil erreicht hingegen 54 % und Siedlungen sind mit einem auffällig hohen Flächenanteil von etwa 18 % vertreten. Die Wasserkraft lieferte einst die notwendige Energie für ein umfangreiches Textilgewerbe mit Spinnereien und Webereien, aber auch für Getreidemühlen und Hammerwerke. In der kleinen Industriestadt Mayen dient die Nette bis heute der Versorgung der ortsansässigen Papierindustrie und einst auch der Entsorgung ihrer Abwässer, Tierabfälle des Schlachthofs Mayen färbten sie einst rot, das Wasser wurde schließlich auch zur Bewässerung von Feldern umgeleitet. Durch die damit verbundenen vielen Wehre, Wassergräben und Weiher war der Bach zerstückelt, streckenweise war er einbetoniert, die Fische konnten nicht mehr wandern.
Als unmittelbarer Rheinzufluss ist die Nette in ihrem Unterlauf seit Anfang der 1990er-Jahre in das Vorranggewässerkonzept zur Lachswiederansiedlung aufgenommen worden. Nach und nach wurden Begradigungen und Querbauten entfernt, auch die alten Kläranlagen wurden vom Netz genommen. Heute verfügt das Gewässersystem der Nette über einen fast durchgängigen, teils überschneidenden naturschutzrechtlichen Schutzstatus als europarechtliches Flora-Fauna-Habitat Gebiet (FFH) bzw. Vogelschutzgebiet und/oder Naturschutzgebiet.
Maßnahmen
Zur Verbesserung der Gewässerstrukturen waren folgende Maßnahmen notwendig:
- Ausweisung von Gewässerrandstreifen
- Extensivierung der Auennutzung
- Zulassen von Eigendynamik
- Wiederherstellung der Durchgängigkeit
- Verbesserung des Rückhaltevermögens
Der Umsetzung diente die Umgestaltung der Wehranlagen „Nettehammer“, „am Stadion“, „am Bernardshof“ und „bei Kloster Helgoland“ in Mayen, der Rückbau des Staubereichs im Hauptschluss der Nette bei Mayen, die Umgestaltung der Wehre „Korbsmühle“ und „Flöcksmühle“ in Ochtendung sowie des Wehr „Schäfersmühle“ im Andernacher Stadtteil Miesenheim. Für eine nachhaltige Etablierung der Wanderfische sind künftig aber weitere Wehrumbauten nötig und auch vorgesehen, so dass sich eine natürliche Gewässerstruktur bildet und die Wege über den Lavastrom der Wannen-Vulkangruppe, wo sich die Nette in zahllosen Kaskaden gebirgsbachartig über große Basaltblöcke ergießt, bis hinein in die Hocheifel öffnen.
Überraschung: natürliche Wiederbesiedlung durch Lachse
Als Erfolg bisheriger Bemühungen wurden zuletzt 13 verschiedene Fischarten in dem kleinen Fluss gezählt, darunter Bachforelle und Döbel, Elritze, Groppe, Gründling, Hasel, Nase, Rotauge und Schmerle, die für die Region typisch sind. In Mündungsnähe finden sich auch noch Barben, Aale und vereinzelt Hechte. Eine Besonderheit der Nette ist der häufige Nachweis von anadromen Langdistanz-Wanderfischen. Hier sind Meerforelle, Flussneunauge und vor allem der atlantische Lachs (Salmo Salar) zu nennen.
Seit 2001 wird jedes Jahr aufkommende Lachsbrut registriert. Dies ist umso überraschender und bedeutender, als in der Nette nie ein Lachsbesatz stattgefunden hat. Dieser natürliche Wiederbesiedelungsversuch durch Lachse in einem nicht besetzten Gewässer ist bisher einmalig für das Rheineinzugsgebiet. Die natürliche Wiederbesiedlung der Nette durch den Lachs wird über ein Monitoringprojekt im Rahmen des Projektes „LACHS 2020“ beobachtet.
Ehrenamtliche Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Nette, Ortsgruppen der Naturfreunde und zahlreiche Bachpaten kümmern sich - zusammen mit Anglern, Kommunen und Regionalversorgern - um die Nette.
Renaturierung der Nettemündung
Die Nettemündung stellt neben der Mündung der Ahr die einzige unverbaute Flussmündung am gesamten Verlauf des Rheins in Rheinland-Pfalz dar. Da nördlich und südlich der Nettemündung gelegene Freiflächen ein hohes Entwicklungspotential darstellen, wurde das ehrgeizige Renaturierungsprojekt in Angriff genommen.
Die Maßnahme umfasst die Umgestaltung der Nettemündung zwischen den Städten Weißenthurm und Andernach. Die Nette lag vor Maßnahmenbeginn ca. 3,50 m tief eingeschnitten in der Landschaft und war in ihrem Verlauf am Ufer von Steinschüttungen eingezwängt. Die natürliche Eigendynamik des im Winter und Frühjahr durch Hochwässer und im Spätsommer und Herbst durch Niedrigwasser geprägten Flusses war vollständig unterbunden, es bestand somit auch kein Anschluss mehr an ihre Auen. Als problematisch erwiesen sich vor Maßnahmenbeginn zudem die gewässerunverträgliche Umfeldnutzung durch intensive Grünland- und Ackerwirtschaft.
Zur Förderung wichtiger Seitenerosions- und Anlandungsprozesse von Sand- und Kiesbänken wurden 2007 in einem ersten Planungsschritt linksseitig auf einer Länge von 700 m großflächige Geländeabtragungen bis zu zwei Meter tief durchgeführt, die Uferbefestigungen entfernt und Holzstämme als sog. Strömungslenker eingebaut. Ziel war und ist die Bildung eines neuen, naturnahen Flussdeltas. Die Renaturierung des rechtsseitigen Uferbereiches soll im Zuge eines nächsten Bauabschnittes mittelfristig erfolgen.
Durch die Umsetzung des ersten Bauabschnittes wurde die Entwicklung der Nette zu einem naturnahen Mündungsbereich eingeleitet. Erste eigendynamische Prozesse konnten schon nach kurzer Zeit beobachtet werden. Ein erstes Fischmonitoring im Jahre 2008 zeigte bereits eine erhöhte Artenvielfalt im Vergleich zur Referenzstrecke.